Zunächst einmal muß das Unwahrscheinlichkeitsproblem in die Sozialform der »doppelten Kontingenz« gebracht werden, die wir mit den Positionsbegriffen Ego und Alter bezeichnen. Warum? Die normale Antwort lautet, daß Ego und Alter sowieso schon existieren, daß sie verschiedene Menschen sind, die hin und wieder miteinander kommunizieren.
Wer nur das meint, sollte die Terminologie Ego/Alter vermeiden, die gerade zum Ausdruck bringen will, daß jeder Mensch immer beides ist, wenn (und nur wenn) er sich an Kommunikation beteiligt. Warum aber, präziser gefragt, die Verdoppelung?
Unsere Antwort lautet, daß die Selbstreferenz sozialer Systeme eine immanente Dualität zur Voraussetzung hat, damit ein Zirkel entstehen kann, dessen Unterbrechung dann Strukturen entstehen läßt.
Ranulph Glanville postuliert dieses Prinzip, angeregt durch den Thermostaten, der nur kontrollieren kann, weil er sich kontrollieren läßt, für Objekte schlechthin. Das können wir hier unentschieden lassen. Für soziale Systeme ist es evident, daß sie eine selbstkonstituierte Zweiheit brauchen, um strukturdeterminierte Systeme sein zu können; und daß dies nicht eine von außen (qua Mensch) importierte, substantiell vorgegebene Zweiheit sein kann. Für das hier anstehende Problem der unwahrscheinlichen Annahme von Selektionen heißt dies, daß jede Selektion zu berücksichtigen hat, daß sie mit anderen (konformen oder adversen) Selektionen zu rechnen hat. Anders kommt eine spezifisch soziale Lösung des Problems nicht zustande.
Ferner muß man klarstellen, wo die Verantwortung für die Selektion liegt, deren Konditionierung dann motivieren soll. Das heißt: man muß Selektion zurechnen. Zurechnungen betreffen niemals das innere Geschehen (die Autopoiesis) der beteiligten Systeme, sondern immer nur ihr Verhalten, wie es durch einen Beobachter gesehen und auf die Umwelt bezogen wird.
r.GdG.Luh.1, p. 332–333