Der Erfolg dieses Bürokratiemodells lässt sich am besten historisch erklären. Es wendet sich gegen die Willkür auf allen Ebenen der Ordnung, es konzentriert Willkür an der Spitze, von der man dann unterstellt, dass sie durch eigene Wertbeziehungen und durch Umweltbedingungen diszipliniert wird – so in der Wirtschaft durch den Markt und in der öffentlichen Verwaltung durch die rechtsstaatlich gebundene Politik.
Bürokratie heißt auch, dass große Arbeitseinheiten gebildet werden können, in denen viele Personen gleichzeitig und doch koordiniert zusammenarbeiten. Und vor allem lässt sich in dieser Form die gesellschaftlich vorgegebene Rangordnung ersetzen durch das Gleichheitsprinzip. Sowohl in den Außenbeziehungen als auch in ihren internen Verhältnissen geht die Bürokratie von Gleichheit aus – es sei denn, dass die Organisation selbst einen Unterschied macht.
Mit all dem wird, in der Realität ebenso wie in ihrer theoretischen Modellierung, der immensen Komplexität der modemen Gesellschaft Rechnung getragen – und zwar in einer Form, die man systemtheoretisch als Ausdifferenzierung innerhalb der Gesellschaft beschreiben könnte, als Ausdifferenzierung eines eigenständigen und doch lenkbaren, auf gesellschaftliche Interessen einstellbaren, koordinierbaren, "beherrschbaren" Systems.
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Luhmann, Organisation und Entscheidung, p. 17